Änderung des Transplantationsgesetzes
Mit der Änderung des Transplantationsgesetzes soll die heute geltende Zustimmungslösung durch die Widerspruchslösung ersetzt werden. Dies bedeutet, dass zukünftig diejenigen Personen, die einer Organspende nicht zustimmen, dies zu Lebzeiten festhalten müssen. Ansonsten wird davon ausgegangen, dass sie ihre Organe spenden möchten. Bisher ist genau das Gegenteil der Fall: wer seine Organe spenden möchte, muss dies zu Lebzeiten festhalten. In beiden Fällen werden die Angehörigen einbezogen, falls jemand seinen Willen nicht festgehalten hat.
Die Vorlage ist ein indirekter Gegenvorschlag zu einer Initiative, welche ebenfalls den Wechsel zur Widerspruchslösung fordert, die Rolle der Angehörigen hingegen nicht regelt.
Gegen diese Gesetzesänderung wurde erfolgreich das Referendum ergriffen, womit nun das Volk das letzte Wort hat.
Ich lehne die Vorlage klar ab. Ich betrachte es als unethisch, mittels Nudging die Zahl der Organspenden zu erhöhen.
Dies bedeutet nichts anderes, als dass es bewusst mühsamer gemacht wird für diejenigen Menschen, die keine Organe spenden möchten. Sie müssen sich registrieren, um explizit die Grundrechte auch für den Sterbeprozess auf einer Intensivstation einzufordern. Für eine Situation, die für die meisten gar nicht eintreten wird (ich schätze, dass weniger als 2% aller Todesfälle für eine Organspende in Frage kommen, da es bei jährlich ~70K Todesfällen rund 450 Personen gibt, die eine Organspende erhalten). Daher gehe ich davon aus, dass sich nur relativ wenige registrieren werden.
Dies führt wie bei der geltenden Regelung dazu, dass die Angehörigen über eine Organspende entscheiden müssen, obwohl sie vielfach den Willen der betroffenen Person nicht kennen. Mit dem Unterschied, dass nun dieser unbekannte Wille vom Gesetzgeber in einen bekannten Willen, die Zustimmung zur Organspende, umgedeutet wird und die Angehörigen diesen sozusagen nur noch bestätigen müssen. Dies empfinde ich als zutiefst unethisch und manipulativ.
Weiters frage ich mich, wie die regelmässige Information der Bevölkerung über die Widerspruchslösung in der Praxis funktionieren soll, gibt es doch einen offensichtlichen Interessenskonflikt: einerseits soll die Zahl der Organspenden erhöht werden, andererseits führt eine (erfolgreiche) Information über die Widerspruchslösung vermutlich zu weniger potentiellen Organspendern.
Fazit: Ich sage Nein zur Änderung des Transplantationsgesetzes, da ich es als unethisch betrachte, Nudging einzusetzen, um die Zahl der Organspenden zu erhöhen.
Update (16. Mai): Die Änderung des Transplantationsgesetzes wurde mit 60.2% angenommen.